Samstag, 12.09.2009
Mir fehlen die Worte, dennoch Versuche ich hier das zu schreiben, was unbeschreiblich ist, dies ist meine Heimat, dieses ist mein Vaterland, und dies ist die größte Schande, die hier geschehen konnte. Jahrzehntelang, wann immer ich im Ausland war, musste ich mich entschuldigen, ein deutscher zu sein, wegen unserer unrühmlichen Vergangenheit, heute muss ich mich in meiner Heimat erklären, Muslim zu sein, es war zu ertragen... es war zu ertragen als Terrorist bezeichnet zu werden obwohl ich keiner bin... oder Bombenleger, Taliban oder ich weiß nicht was... ich war so Stolz auf meine deutschen Nichtmuslimischen Mitbürger, die in Köln aufgestanden sind, und die Rechtsextremisten die gegen den Islam hetzen wollten aus der Stadt vertrieben haben, friedlich und mit einem deutlichen Nein zu Intoleranz. Und jetzt?
Jetzt schäme ich mich mehr als je zuvor, ein deutscher zu ein, mehr als damals, wo man im Ausland als Nazi beschimpft wurde, nur wegen seines Autokennzeichen, denn mit dieser Vergangenheit unseres Volkes habe ich nichts zu tun gehabt, ich habe ja nicht mal gelebt.
Aber ich lebe jetzt, und kann es nicht ertragen, immer wieder laufen mir die Tränen runter... Marwa EL-Sherbini ist auch meine Schwester gewesen, und ihr Mann ist auch mein Bruder, wie kann es sein, das die Schwester und der Bruder, eines deutschen Staatsbürgers, in seiner Heimat ermordet wird, nicht im dunkeln auf der Strasse, nein am helligten Tag, in einem deutschen Landgerichtssaal.
Ich habe sie nicht gekannt, und dennoch muss ich weinen, wenn ich an sie denke und an ihre Familie, wie groß muss der Schmerz sein derer die sie kannten?
Wenn alle Muslime, ständig verantwortlich gemacht werden, so wie ich auch, für jede Bombe, für jedes Selbstmordattentat, welches rein gar nichts mit den Willen Allahs zu tun hat oder dem Islam, dann sind auch jetzt alle deutschen Mitschuld an dem was hier passiert ist, so auch ich... denn ich bin Deutscher, und ich bin Muslim!